Wir verkaufen der Kommune ihre Häuschen,
ihre Häuschen, ihre Häuschen,
wir verkaufen der Kommune ihre Häuschen
und die Mieter, und die Mieter gleich dazu!
"(H)ausverkauf",
Kirchenchor Prohlis
Anfang des Jahres 2006 verkaufte Dresden in einer spektakulären
Aktion ihren gesamten städtischen Wohnungsbestand an private
Investoren. Dresden ist durch diesen Schritt als erste deutsche
Großstadt — zumindest für eine kurze Zeit — schuldenfrei.
Die Plattenbausiedlung Prohlis, die im selben Jahr ihr 30-jähriges
Bestehen feierte, ging zum größten Teil in den Besitz des
amerikanischen Investors Fortress über. Über dessen
Interessen kann nur spekuliert werden. Während die einen davon
ausgehen, dass Prohlis aufwendig saniert und dann auf dem freien
Wohnungsmarkt hochpreisig vermietet und verkauft werden soll, vermuten
andere, dass es dem Investor gar nicht um die Plattenbauten geht,
sondern um einige Grundstücke in zentraler Altstadtlage, die im
Paket mit weniger lukrativen Sozialwohnungs- bauten günstig zu
haben waren. Vielleicht ist der Handel mit billigen deutschen
Immobilien auch nur ein zur Zeit besonders profitabler Markt für
den internationalen Finanzhandel, so dass der Investor lediglich darum
bemüht sein wird, die Kosten bis zum Weiterverkauf möglichst
niedrig zu halten und auf diese Weise den Gewinn der Anteilseigner zu
maximieren. In jedem Fall hat Dresden mit der Veräußerung
seiner Sozialwohnungen das einzige Instrument zur Regulierung des
Wohnungsmarktes aus der Hand gegeben. Für die betroffenen Bewohner
stellt die Privatisierung der vormals städtischen Wohnungen eine
Entwicklung dar, die sie mit Sorge um ihre Zukunft erfüllt.
Obschon der neue Eigentümer eine umfassende „Sozialcharta“
unterzeichnet hat, die ihm Beschränkungen bei Mieterhöhungen
auferlegt und garantieren soll, dass es innerhalb der nächsten
zehn Jahre, keine aufwendigen Renovierungen ohne Zustimmung der Mieter
und ein eingeschränktes Kündigungsrecht des Vermieters gibt,
sitzt das Misstrauen gegenüber Versprechungen von Vermietern tief.
Hatte doch auch schon der alte Besitzer, die stadteigene „Woba“, drei
Jahre zuvor noch offiziell verkündet, zum Abriss von Häusern
werde es in Prohlis nicht kommen und diese Zusage mit dem sogenannten
Rückbau eines ganzen Siedlungsabschnittes kaum zwei Jahre
später schon wieder gebrochen.
Der wachsenden Unsicherheit angesichts von Abriss und Verkauf begegnet
„Fortress“ zunächst mit einer Appeasementstrategie, die vor allem
darin besteht, dass sich aus der Sicht der Mieter zunächst
möglichst wenig ändert — bis die erste Aufregung sich gelegt
hat und die Bürgerinitiativen eingeschlafen sind.
In dieser Situation verschafft „Ein Song für Prohlis“ denjenigen
Gehör, deren Stimmen sich nicht in den offiziellen Kanon des
„alles ist gut“ einfügen wollen.
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