Ania Corcilius

Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Potrc, Rakowitz, Blass und Hultén

Revisiting Home
Ausstellung
Buchveröffentlichung
Veranstaltungsprogramm
Kuratiert und organisiert von Ania Corcilius, Iain Pate, Janine Sack und Inken Reinert.
NGBK, Berlin, 2006
Die Wohnung wird gemeinhin als privater Raum dem öffentlichen Raum gegenüber gestellt. Als Mieter oder Besitzer von Wohnraum, bestimme ich darüber, wen ich als Gast willkommen heiße und vor wem ich meine Tür verschließe. Die Wohnung soll Schutz bieten vor den „Anderen“ beziehungsweise dem „Fremden“. Was aber im Einzelnen nach draußen und was nach drinnen gehört, was gezeigt und was verborgen werden muss, was eine Kultur als fremd empfindet und was sie sich aneignet, ist einem steten Wandel unterworfen.
Es scheint, als erlebe der Rückzug in die eigenen vier Wände in den letzten Jahren eine starke Renaissance. Erzeugen etwa wachsende Verunsicherung und Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen im Bereich von Arbeit, Geschlechterrollen und Familienstrukturen ein stärkeres Bedürfnis nach Bestätigung und Geborgenheit in der gewohnten Umgebung des trauten Heims? Oder ist es gerade der „outgesourcte“ Neuselbständige, der an vorderster Front des liberalisierten Arbeitsmarktes dabei ist und nunmehr vom heimischen Schreibtisch aus digitale Ware liefert, der immer seltener die eigene Behausung verlässt und in seiner Wohnung die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben kaum mehr ziehen kann?
So sehr der Einzelne sich auch zurückziehen mag: seine Wohnsituation bildet neben der Persönlichkeit und dem Geschmack des Bewohners, kulturelle, soziale, ideologische, ökonomische und politische Parameter seiner Existenz ab. Nomadisch oder an einem Ort verwurzelt, in freiwilliger oder erzwungener Gemeinschaft mit anderen, alleine, im Bauwagen, im Einfamilienhaus, im Luxusapartement oder in der „gated community“ nach US-amerikanischem Vorbild: im Akt des Wohnens schreiben sich gesellschaftliche Vorgaben unbewusst in das wohnende Subjekt ein und werden ihm zur zweiten Natur.
Revisiting Home thematisiert den Komplex „wohnen“ als Schnittstelle von Individuum und Gesellschaft .
Verdeckte und offene, bewusste und unbewusste Aspekte und Funktionen der Wohnung werden in den Arbeiten der KünstlerInnen, TheoretikerInnen und FilmemacherInnen reflektiert und analysiert.
Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Reinert, Heinke und Schleime. Foto: Janine Sack